Ein Verbrechen, ein Denkmal und seine Geschichte

Ein Beitrag von Brigitte Egger. Foto: Rebecca Sandbichler
Anlässlich des Jahrestages der Ermordung von Wolfgang Tschernutter

1994 wird ein Innsbrucker Obdachloser von Jugendlichen ermordet. Noch heute erinnert ein Denkmal daran, dessen Hintergründe aber zunehmend in Vergessenheit geraten. 

Ein großes Gebilde aus rostfarbenem Stahl, wie der Überrest einer Maschine aus frühindustriellen Zeiten. So steht die Skulptur an der Innsbrucker Franz-Gschnitzer-Promenade direkt hinter dem Universitätsgebäude. Vielleicht kennen Sie dieses Obdachlosendenkmal, auch Antifaschistisches Denkmal genannt, geschaffen vom Tiroler Künstler Alois Schild? Es ist ja nicht gerade unauffällig. Wofür und weshalb sie aber dort steht, wissen viele Passanten vermutlich nicht. Es lässt sich erst bei genauerem Hinsehen erahnen: „26.2.1994 Ermordung eines Obdachlosen“, ist der Gravur zu entnehmen, seitlich zwei weitere Schriftzüge: „MAMA“ und „PAPA“. 

Das Denkmal mahnt den Mord an Wolfgang Tschernutter – ein als friedlich bekannter, 37 Jahre alter obdachloser Mann, der vor 26 Jahren von zwei rechtsextremen Jugendlichen vor dem Höttinger Hallenbad mit Fußtritten und einer Holzplatte so stark verprügelt wurde, dass er wenig später an den Folgen seiner Verletzungen starb. Diese Informationen zum Hintergrund der Installation sucht man vor Ort vergeblich. Dabei wären sie von Bedeutung, zumal Denkmäler im öffentlichen Raum an Wirkung verlieren, wenn den Betrachtern die Geschichte dahinter nicht mehr zugänglich ist.  

Dem Vergessen entgegenzuwirken, war schließlich auch die Intention von Einzelpersonen und Organisationen aus dem Sozialbereich, die im Anschluss an das Verbrechen eine Initiative zur Errichtung des Denkmals gründeten. Ziel war es, darauf aufmerksam zu machen, dass diese grausame Tat einer vorausgehenden politischen Rhetorik zuzurechnen war, die gegen ausgegrenzte Randgruppen aufhetzte, anstatt eine sozialpolitische Lösung für sie zu finden. Das Denkmal soll laut den Initiatoren „Gegen den industriellen Umgang mit Menschen“ wirken und davor warnen, dass die Entmenschlichung der Vernichtung vorausgeht, so heißt es in der Chronik der Innsbrucker Wohnungsloseneinrichtung DOWAS. Deswegen ist die Installation auch als Antifaschistisches Denkmal bekannt, da sie nicht nur an die Ermordung des damals obdachlosen Gewaltopfers Tschernutter erinnert, sondern zugleich auf verfehlte Sozialpolitik, Ausgrenzung und das Wieder-Erstarken des Rechtsextremismus verweist. Damals wie heute wächst und gedeiht dieser unter politischer und medialer Hetze.