Migrantas

Im vergangenen Jahr wurde mit dem Berliner Kollektiv migrantas der Grundstein für eine außergewöhnliche Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Raum in Innsbruck und Hall in Tirol und der Rolle von MigrantInnen in diesem gelegt.

Die Künstlerinnen Marula di Como und Florencia Young suchen nach einer visuellen Sprache der Migration und haben sich in ihrer künstlerischen Tätigkeit auf die Erarbeitung und Verbreitung von Piktogrammen spezialisiert. Mitten im Stadtraum werden Erfahrungen und Anliegen von Menschen mit Migrationsgeschichten aus der jeweiligen Region bzw. Stadt sichtbar, die zuvor in Workshops mit migrantas auf bildlicher Ebene erarbeitet wurden. Die Zeichnungen der WorkshopteilnehmerInnen sind Grundlage der künstlerisch-grafischen Synthese für ein Piktogramm bzw. eine Piktogrammserie, die in urbanen Aktionen unter Einbindung mehrerer Kooperationspartner öffentlich gemacht werden. Mit künstlerisch-kreativen Mitteln werden für die Mehrheit der Gesellschaft ansonsten unsichtbare Erfahrungen und Anliegen sichtbar gemacht.

Schon Ende des letzten Jahres, am 30. November und 1. Dezember 2016 fanden in Innsbruck und Hall in Tirol drei gut besuchte Workshops statt, in denen die Grundlage für die Piktogramme erarbeitet wurden. Jugendliche aus der freien Jugendarbeit (Jugendzentrum „park in“, Hall in Tirol) und aus der „VIA – Produktionsschule“, sowie Frauen aus dem Frauenhaus Tirol und Teilnehmerinnen der Deutschkurse „Frauen aus allen Ländern“, zeichneten und diskutierten über ihre Erfahrungen als MigrantInnen in Tirol.

In den Workshops entstanden 115 Zeichnungen, in denen die etwa 40 TeilnehmerInnen persönliche Geschichten und Erfahrungen im Zusammenhang mit Migration reflektierten. Die Themen reichten von der Situation im Herkunftsland (wo wenig überraschend der Krieg im Nahen Osten eine große Rolle spielt) über Erlebnisse in Österreich wie etwa Ausgrenzung und Heimweh, bis hin zu Chancen und Möglichkeiten, die sich in Österreich neu ergeben oder konkreten Ausbildungswünschen. Diese Zeichnungen wurden von den KünstlerInnen mit viel Sensibilität zu insgesamt 22 Piktogrammen verdichtet.

Sechs Sujets davon wurden als A1 und A2-Plakate von Mitte Mai bis Mitte Juni in den öffentlichen Raum in Innsbruck und Hall in Tirol gebracht. Etwa 200 A1-Plakate wurden von einer Plakatierfirma in ganz Innsbruck über diesen Zeitraum von 4 Wochen plakatiert und nochmals 50 A2-Plakate in Eigenregie in Geschäften und bei verschiedenen Initiativen und Vereinen in Innsbruck und Hall aufgehängt. Zusätzlich wurden 1000 Stück Abziehbilder produziert und aufgelegt bzw. verteilt.

In Hall in Tirol wurde in Kooperation mit dem Jugendzentrum „park in“ ein Motiv als Street Art in einer gemeinsamen Aktion mit den Jugendlichen auf eine Wand gesprüht, die auch für Passanten gut sichtbar ist und dem Projekt längere Sichtbarkeit verschafft.

Anfang Juni 2017 kamen die zwei Vertreterinnen von migrantas, Marula di Como und Francesca LaVigna für die Eröffnung der Ausstellungen/Präsentationen wieder nach Tirol. Am Freitag, 2. Juni wurden im neu errichteten Stadtteilzentrum Wilten in Innsbruck vor etwa 70 Personen die Plakatserien gemeinsam mit den übrigen Piktogrammen und den Originalzeichnungen präsentiert. Die Gäste hatten dabei die Möglichkeit selbst Hand anzulegen und auf die zweite Seite einervorbedruckten Tragtasche eines der 22 Piktogramme aufzubügeln. Ein Angebot, das begeistert angenommen wurde.

Auch am nächsten Tag bei einer Projektpräsentation im Jugendzentrum „park in“ in Hall in Tirol, zu der etwa 40 Personen (vorwiegend Jugendliche) gekommen waren, war das gemeinschaftliche Bügeln ein besonderes Highlight. Die Ausstellung in Innsbruck war noch in der darauffolgenden Woche während der offiziellen Eröffnungsfeier des Stadtteilzentrums Wilten (ca. 700 BesucherInnen) zu sehen, sowie bei einer Sonderführung für die WorkshopteilnehmerInnen von Frauen aus allen Ländern und der Via – Produktionsschule.

Als Abschluss des Projekts wurde im September 2017 eine weitere Postkarte produziert, auf der das Projekt mit den Workshops, den Aktionen im öffentlichen Raum und den Präsentationen, beschrieben wird. Diese Postkarte wurde wieder stadtweit verteilt und bei den Veranstaltungen der Initiative Minderheiten und der Kooperationspartner aufgelegt.